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«Es Kafi-Nature und es Pellegrino, bitte»





Ich stehe am Stehtisch in meinem Stamm-Kafi. Cristian, ein waschechter Italiener aus Milano, serviert mir einen frischgebrauten Americano. Ich trinke den Kaffee schwarz. Hübsch angeordnet auf einem Tablett liegt, neben der unaufgeregten weissen Tasse, die quadratische Serviette mit dem aufgedruckten Logo des Lokals. Auf dem Löffel, der auf der Serviette liegt,  befindet sich ein zuckerwürfelgrosses Stück Nusskuchen. Oh sehr nett, denke ich, und lege das zuckerwürfelgrosse Stück Nusskuchen beiseite, da es mir auch heute zu früh ist, um Süsses zu essen.


Der nette Baristo lässt die Crème und den Zucker weg, weil er sich gemerkt hat, wie ich meinen Kafi mag. Dies bereits seit meinem zweiten Besuch, fällt mir ein. Sehr aufmerksam, doch leider erlebe ich dies meistens anders. Ich bestelle für gewöhnlich einen «Kafi Nature», doch erinnere mich kaum daran, je nur eine Tasse schwarzen Kaffee erhalten zu haben. Nein, meistens kommt das volle Programm; Zucker, Rähmli und Löffeli liegen auf dem Unterteller. Ich muss schmunzeln, denn es wird mir bewusst, dass ich dieses explizit unbestellte Zubehör jeweils postwendend entferne und dem Überbringer, der Überbringerin wieder in die Hand drücke. In diesem Momenten verspüre ich immer den enorm starken Drang wortlos mitzuteilen, das «nature» himmelsternenamal «nature» ist, also einfach füdliblutt und auch bitteschön ohne Silberlöffeli.



Dieser kurze Wortlose Hinweis auf meine bevorzugte Art den Kaffee zu geniessen, wird meistens ebenfalls Wortlos zur Kenntnis genommen, um mich dann bei der zweiten Tasse «Kafi Nature», mit gleichem Sortiment an Rähmli und Zucker zu beglücken.


Eine Bedienung in der «Perle auf dem Sechseläuten-Platz», erklärte mir das letzthin folgendermassen: Sie habe für die Kafi-Bestellung ein elektronisches Mobile-Ding, welches meinen Wunschkafi direkt ans Buffet sende. Jetzt sei es halt zu aufwändig, dem elektronischen Mobile-Ding mittels eintippen die Zusatzinfo mitzugeben, dass ich keinen Zucker und kein Rähmli möchte, und deshalb komme der Kaffee halt so, wie er komme.


Zu meinem Kaffee bekomme ich noch ein Glas klares Wasser. Eine alte Wiener Tradition, welche früher als Referenz für die Wasserqualität herangezogen wurde. Es zeigte dem Hochadel auf, dass der servierte Kafi eben mit diesem reinen Wasser gebraut wurde. Realisiertes Kundenmarketing aus dem 17ten Jahrhundert, bravo!


Bis anhin glaubte ich, das zusätzliche Wasser zum Kafi werde mitgeliefert um den Wasserhaushalt auszugleichen, da das Koffein gleichermassen Wasser entzieht, wie der Kafi mitbringt. Wie oft ich mich doch mit landläufigen Meinungen zufrieden gebe, und so manchem Ammenmärchen auf den Leim krieche.


Wie oft ich mich doch mit landläufigen Meinungen zufrieden gebe, ..

Ein adrett gekleideter Mensch setzt sich mit einigem Abstand neben mich an den langen Stehtisch und zündet sich eine Zigarette an.


Cristian, der Kellner, ist schon zur Stelle und der freundlich wirkende Mensch bestellt ein Pellegrino. Er meint damit vermutlich ein Wasser mit Kohlensäure, denn ich bin mir fast sicher, dass dieses nette Café eine andere Mineralwassermarke im Sortiment hat. «Pellegrino», als allgemeiner Begriff für «Wasser mit Kohlensäure» hat sich in der Stadt irgendwie durchgesetzt. Das Pendant aus gleichem Produktionshaus wäre «Panna», das stille Wasser aus der Toskana.


Die Menschen nennen Wasser mit Kohlensäure oft «es Pellegrino». Das

stille Wasser bezeichnen sie allerdings als «Wasser ohni». Interessant wie Unternehmen aus Markenbezeichnungen Produktbezeichnung schaffen. In diesem Fall wurde dies jedoch kaum von der Unternehmung getrieben, sondern entstand durch die weite Verbreitung des Produkts. Für die Gastronomie wurde das Produkt preislich viel attraktiver angeboten, als innländische Mineralwasser.


Ganz findige Gäste bestellen «es Pellegrino ohni», ein Oxymoron, das zeitweilig zu skurrilen Blick- und Wortwechseln führt.


«Cristian, chani zahle bitte?». Der Kaffee «Nature» hat den gleichen Preis, wie der -Crème mit Zucker. Ich runde auf wie immer.



 

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